Social Marketing für Soziale Arbeit

Online-Bewertungen im Marketing sozialer Einrichtungen nutzen

Online-Bewertungen ermöglichen es Klient*innen und Angehörigen, ihre Erfahrungen mit sozialer Hilfe frei von sozial erwünschtem Antwortverhalten mitzuteilen. Sie können im Marketing sozialer Einrichtungen genutzt werden, um Feedback zu sichten, das sonst für die Fachkräfte unsichtbar bliebe.

Und sie sollten es auch, denn ihre Relevanz steigt:

2020 haben einer Studie zufolge rund 70 Prozent der Verbraucher*innen eine Onlinebewertung für ein lokales Unternehmen geschrieben haben – das entsprach einer Steigerung von 66 Prozent im Vorjahr.

Laut dem Local Customer Review Survey von Bright Local gaben zudem 79 Prozent der Befragten an, dass positive Bewertungen auf Google auf sie denselben Einfluss haben wie eine Empfehlung von Freund*innen oder Verwandten. Man kann sagen: Online-Bewertungen wirken stark auf das Vertrauen in Organisationen. Und das gilt sicherlich auch für soziale Einrichtungen.

Analysen und Erfahrungsberichte dazu gibt es noch wenig – aber im Gesundheitswesen hat die fundierte Auseinandersetzung mit Online-Bewertungen begonnen. Was können soziale Einrichtungen daraus lernen?

2020 haben einer Studie zufolge rund 70 Prozent der Verbraucher*innen eine Onlinebewertung für ein lokales Unternehmen geschrieben haben – das entsprach einer Steigerung von 66 Prozent im Vorjahr.

Laut dem Local Customer Review Survey von Bright Local gaben zudem 79 Prozent der Befragten an, dass positive Bewertungen auf Google auf sie denselben Einfluss haben wie eine Empfehlung von Freund*innen oder Verwandten. Man kann sagen: Online-Bewertungen wirken stark auf das Vertrauen in Organisationen. Und das gilt sicherlich auch für soziale Einrichtungen.

Analysen und Erfahrungsberichte dazu gibt es noch wenig – aber im Gesundheitswesen hat die fundierte Auseinandersetzung mit Online-Bewertungen begonnen. Was können soziale Einrichtungen daraus lernen?

Wieso es sinnlos ist, Online-Bewertungen zu faken

»Bewertet werden vor allem Erfahrungen die über oder unter den Erwartungen waren«, sagt Jürgen Wehner, der Redakteur bei den Portalen www.medizinfo.de und www.klinikbewertungen.de ist. Das zeige sich auch in der Zwei-Höcker-Verteilung: etwa die Hälfte der Bewertungen dort seien sehr positiv, ein Viertel negativ und das verbleibende Viertel – also die Mitte – »sehr flach«. Also: Onlinebewertungen sind nicht normalverteilt.

»Je stärker die Abweichung von der Erwartung, desto höher ist die Motivation der Menschen, ihre Erfahrungen mitzuteilen«, schlussfolgert Wehner. Wer versuche, seine Einrichtung durch gute Bewertungen künstlich zu pushen, schafft sich am Ende ein neues Problem, weil die größere Differenz zwischen Erwartung und Erfahrung dann wieder die Motivation stärkt, einen Erfahrungsbericht abzugeben. Wer überraschend eine positivere Erfahrung macht als erwartet, wird häufiger diese Erfahrung teilen. Und genauso bei Enttäuschung. »Onlinebewertungen liegt sozusagen ein systemisch vorhandenes Korrektiv inne.«

Wie Arztpraxen mit Online-Bewertungen umgehen: Einblicke aus einer Studie

Der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftler Dr. Gundolf Meyer-Hentschel hat 1039 Patientenbewertungen zu Arztpraxen untersucht. Die Ergebnisse erschienen in der Ärztezeitung, auch im Bereich der Altenpflege gibt es Interesse, sagt der Berater, dessen Institut zwei Standorte in Zürich und Saarbrücken hat. Ein Interview:

Gundolg Meyer-Hentschel über Online-Bewertungen

Herr Meyer-Hentschel, was verändert sich gerade in der Sichtweise von Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen, wenn es um Online-Bewertungen geht?

Gundolf Meyer-Hentschel: Das ist immer schwer zu sagen. Arztpraxen sind eine sehr spezifische Zielgruppe, die nicht sehr web-affin sind. Aber die Patienten reagieren natürlich auf die Möglichkeit, ihre Erfahrungen online teilen zu können. Nach unserer Studie sind zwei medizinischen Fachpublikationen auf uns zugekommen, weil sie die Ergebnisse spannend fanden. So konnten wir damit ein größeres Publikum erreichen. Insgesamt wird Google My Business immer wichtiger, da tut sich was.

Wie sind Sie bei der Studie vorgegangen?

Gundolf Meyer-Hentschel: Wir haben einen sehr großen Datensatz an Patientenbewertungen von Arztpraxen gekauft und eine saubere Stichprobe aus ganz Deutschland gezogen. Dann haben wir die Google Accounts der Praxen aufgerufen und die Bewertungen angeschaut: Wie wurde die Praxis bewertet, wie hat sie darauf reagiert? Was sagen die Patienten, wie viele Punkte vergeben sie? Das war viel Arbeit, denn wir machen solche Studien gründlich und solide. Insgesamt haben wir 1093 Bewertungen von hundert repräsentativ ausgewählten Hausarzt- und Facharztpraxen ausgewertet. Dann haben wir noch eine getrennte Untersuchung für Zahnarztpraxen gemacht.

Haben Sie qualitative Forschungsmethoden angewandt?

Gundolf Meyer-Hentschel: Genau, es war eine klassische inhaltsanalytische Auswertung. Darin sieht man, dass es Patienten immer wieder um die gleiche Dinge geht: die telefonische Erreichbarkeit von Arztpraxen ist ein ganz großes Thema.

Das zweite klingt erstmal trivial: Ist das Team einer Arztpraxis nett, zuvorkommend, hilfsbereit? Das überträgt sich darauf, wie Patienten ihre behandelnden Ärzte wahrnehmen. Die sind darüber immer ganz erstaunt. Sie denken: »Ich bin ein guter Arzt, das müssen die Menschen doch merken.« Die Patienten gehen aber sowieso davon aus, dass Ärzte ihr Fach beherrschen, die Kompetenz wird selten in Frage gestellt. Wenn es darum geht, zwischen zwei Arztpraxen zu wählen, ist daher wichtiger, ob sie verständlich kommunizieren und einfühlsam sind.

Das ist bei sozialen Einrichtungen vermutlich ähnlich. Dort geht es noch um ein anderes Thema, nämlich Empowerment, Partizipation und Selbstbestimmung. Sehen Sie Online-Bewertungen als einen Weg dazu?

Gundolf Meyer-Hentschel: Absolut. Online bewerten ist eine Form von Empowerment. Viele Ärzte sagen, dass die negativen Bewertungen ihrer Praxen nicht stimmen, aber wir haben festgestellt, dass die Bewertungen überraschend fair sind. Es gibt immer einen kleinen Bodensatz von Leuten, die einfach nur stänkern. Die negativsten Bewertungen kommen oft von Menschen, die kulturell so geprägt sind, dass sie ein hohes Anspruchsniveau haben. Damit müssen wir zurechtkommen.

Und wie bewerten Sie das Interesse der großen Zeitschriften an Ihrer Studie: Geht es den Ärzten auch darum, handlungsfähig zu sein und sich gegen ungerechtfertigte Online-Bewertungen zu wehren?

Gundolf Meyer-Hentschel: Das hängt von den Arztgruppen ab. Zahnärzte gehen unerschrockener mit Feedback um und reagieren darauf, während Hausarztpraxen sich schnell angegriffen fühlen. Es gibt viele Geschäftemacher, die anbieten, negative Bewertungen zu löschen, was wenig sinnvoll ist. Man kann auf jede Bewertung antworten, und das ist eigentlich das Wichtigste.

Die meisten soziale Einrichtungen reagieren auf Online-Bewertungen gar nicht, einige Kliniken haben standardisierte Antwortsätze, die sie darunter posten. Wie sehen sie das?

Gundolf Meyer-Hentschel: Das führt im besten Fall zu nichts, im schlimmeren Fall zu Verärgerung, weil Menschen sich nicht ernst genommen fühlen. Kliniken haben oft schlechte Bewertungen, weil sie noch nicht sensibel für Social Media sind. Die müssen das lernen.

Sollte man Patienten oder Klienten darauf hinweisen, dass sie Online-Bewertungen hinterlassen können?

Gundolf Meyer-Hentschel: Gute Arztpraxen tun das. Sie geben Patienten einen Zettel mit einem QR-Code, um eine Online-Bewertung abzugeben. Man kann das aktiv steuern, und jede schlechte Bewertung ist eine Chance zur Verbesserung.

… vor allem stehen die Geschichten, die da erzählt werden, sowieso im Raum, denn sie werden auch mündlich weitererzählt. Wenn sie aufgeschrieben werden, hat man immerhin die Chance, sie zu erfahren.

Gundolf Meyer-Hentschel: Absolut. Viele Institutionen haben ihr Google-Profil noch gar nicht beansprucht und bekommen nicht mit, wenn über sie geschrieben wird. Wenn man das Profil beansprucht, bekommt man bei jeder Bewertung eine E-Mail und kann reagieren.

Gundolg Meyer-Hentschel über Online-Bewertungen

Herr Meyer-Hentschel, was verändert sich gerade in der Sichtweise von Arztpraxen oder Pflegeeinrichtungen, wenn es um Online-Bewertungen geht?

Gundolf Meyer-Hentschel: Das ist immer schwer zu sagen. Arztpraxen sind eine sehr spezifische Zielgruppe, die nicht sehr web-affin sind. Aber die Patienten reagieren natürlich auf die Möglichkeit, ihre Erfahrungen online teilen zu können. Nach unserer Studie sind zwei medizinischen Fachpublikationen auf uns zugekommen, weil sie die Ergebnisse spannend fanden. So konnten wir damit ein größeres Publikum erreichen. Insgesamt wird Google My Business immer wichtiger, da tut sich was.

Wie sind Sie bei der Studie vorgegangen?

Gundolf Meyer-Hentschel: Wir haben einen sehr großen Datensatz an Patientenbewertungen von Arztpraxen gekauft und eine saubere Stichprobe aus ganz Deutschland gezogen. Dann haben wir die Google Accounts der Praxen aufgerufen und die Bewertungen angeschaut: Wie wurde die Praxis bewertet, wie hat sie darauf reagiert? Was sagen die Patienten, wie viele Punkte vergeben sie? Das war viel Arbeit, denn wir machen solche Studien gründlich und solide. Insgesamt haben wir 1093 Bewertungen von hundert repräsentativ ausgewählten Hausarzt- und Facharztpraxen ausgewertet. Dann haben wir noch eine getrennte Untersuchung für Zahnarztpraxen gemacht.

Haben Sie qualitative Forschungsmethoden angewandt?

Gundolf Meyer-Hentschel: Genau, es war eine klassische inhaltsanalytische Auswertung. Darin sieht man, dass es Patienten immer wieder um die gleiche Dinge geht: die telefonische Erreichbarkeit von Arztpraxen ist ein ganz großes Thema.

Das zweite klingt erstmal trivial: Ist das Team einer Arztpraxis nett, zuvorkommend, hilfsbereit? Das überträgt sich darauf, wie Patienten ihre behandelnden Ärzte wahrnehmen. Die sind darüber immer ganz erstaunt. Sie denken: »Ich bin ein guter Arzt, das müssen die Menschen doch merken.« Die Patienten gehen aber sowieso davon aus, dass Ärzte ihr Fach beherrschen, die Kompetenz wird selten in Frage gestellt. Wenn es darum geht, zwischen zwei Arztpraxen zu wählen, ist daher wichtiger, ob sie verständlich kommunizieren und einfühlsam sind.

Das ist bei sozialen Einrichtungen vermutlich ähnlich. Dort geht es noch um ein anderes Thema, nämlich Empowerment, Partizipation und Selbstbestimmung. Sehen Sie Online-Bewertungen als einen Weg dazu?

Gundolf Meyer-Hentschel: Absolut. Online bewerten ist eine Form von Empowerment. Viele Ärzte sagen, dass die negativen Bewertungen ihrer Praxen nicht stimmen, aber wir haben festgestellt, dass die Bewertungen überraschend fair sind. Es gibt immer einen kleinen Bodensatz von Leuten, die einfach nur stänkern. Die negativsten Bewertungen kommen oft von Menschen, die kulturell so geprägt sind, dass sie ein hohes Anspruchsniveau haben. Damit müssen wir zurechtkommen.

Und wie bewerten Sie das Interesse der großen Zeitschriften an Ihrer Studie: Geht es den Ärzten auch darum, handlungsfähig zu sein und sich gegen ungerechtfertigte Online-Bewertungen zu wehren?

Gundolf Meyer-Hentschel: Das hängt von den Arztgruppen ab. Zahnärzte gehen unerschrockener mit Feedback um und reagieren darauf, während Hausarztpraxen sich schnell angegriffen fühlen. Es gibt viele Geschäftemacher, die anbieten, negative Bewertungen zu löschen, was wenig sinnvoll ist. Man kann auf jede Bewertung antworten, und das ist eigentlich das Wichtigste.

Die meisten soziale Einrichtungen reagieren auf Online-Bewertungen gar nicht, einige Kliniken haben standardisierte Antwortsätze, die sie darunter posten. Wie sehen sie das?

Gundolf Meyer-Hentschel: Das führt im besten Fall zu nichts, im schlimmeren Fall zu Verärgerung, weil Menschen sich nicht ernst genommen fühlen. Kliniken haben oft schlechte Bewertungen, weil sie noch nicht sensibel für Social Media sind. Die müssen das lernen.

Sollte man Patienten oder Klienten darauf hinweisen, dass sie Online-Bewertungen hinterlassen können?

Gundolf Meyer-Hentschel: Gute Arztpraxen tun das. Sie geben Patienten einen Zettel mit einem QR-Code, um eine Online-Bewertung abzugeben. Man kann das aktiv steuern, und jede schlechte Bewertung ist eine Chance zur Verbesserung.

… vor allem stehen die Geschichten, die da erzählt werden, sowieso im Raum, denn sie werden auch mündlich weitererzählt. Wenn sie aufgeschrieben werden, hat man immerhin die Chance, sie zu erfahren.

Gundolf Meyer-Hentschel: Absolut. Viele Institutionen haben ihr Google-Profil noch gar nicht beansprucht und bekommen nicht mit, wenn über sie geschrieben wird. Wenn man das Profil beansprucht, bekommt man bei jeder Bewertung eine E-Mail und kann reagieren.

Die Ergebnisse der Studie »Patientenlob und -kritik bei Google« sind hier einsehbar: Meyer-Hentschel-Institut

Warum bewerten Menschen ihre Helfer?

»Anderen helfen« und »Dankbarkeit zeigen« – das sind Beweggründe, die Jürgen Wehner von www.klinikbewertungen.de am häufigsten von den Bewertenden selbst hört. Für ihn ist das Bewerten ganz klar eine Form des Empowerments von Patienten und Angehörige. »In Einzelfällen mag der Erfahrungsbericht auch der eigenen Erlebnisverarbeitung dienen«, denkt er.

Als Redakteur sieht er eine wichtige Funktion im Erwartungsmanagement: Als ehrliche und persönliche Erfahrungsberichte vermitteln Online-Bewertungen den Lesern ein Bild, was in der jeweiligen Klinik zu erwarten sein könnte, hilft ihnen, sich häufiger für Kliniken zu entscheiden die bessere Erfahrungen produzieren, und Kliniken mit schlechteren Ergebnissen zu meiden.

Den Kliniken gebe das eine Rückmeldung, was die Erfahrungen Ihrer Patienten wie prägt. So entsteht ein gewisser Druck, der insgesamt zu einer Verbesserung führe: »Tendenziell werden mehr Menschen in besseren Kliniken behandelt und weniger oft in unterdurchschnittlichen.«

Fazit für soziale Einrichtungen: 

  • Ehrliches Feedback nutzen

    Online-Bewertungen sind eine wertvolle Quelle, um Erfahrungen zu erfassen, die sonst möglicherweise unbemerkt blieben. Schaut sie euch regelmäßig an.

  • Nehmt eure Präsenz wahr

    Bewertungen sind da, egal ob sie aufgeschrieben oder nur von Mund zu Mund weitergegeben werden. Was über euch gesprochen wird, könnt ihr nicht kontrollieren – aber eure eigenen Botschaften aktiv senden. Nutzt und pflegt dafür euer Google-Profil und andere relevante Plattformen.

  • Empowerment fördern

    Ermutigt Klient*innen und Angehörigen, ihre Erfahrungen mitzuteilen. Das fördert ihre Selbstbestimmung und Partizipation. Macht es Klient*innen einfach, Bewertungen abzugeben (z.B. QR-Codes).

  • Vertrauen schaffen

    Reagiert auf Online-Bewertungen, um Engagement zu zeigen und Missverständnisse zu klären. Dies zeigt, dass euch die Meinungen der Klient*innen wichtig sind.

  • Verbessert euch kontinuierlich

    Nutzt das Feedback, um Schwachstellen in eurer Einrichtung zu erkennen und bearbeiten. Nehmt wiederkehrende Themen ernst, auch wenn sie euch selbst nicht relevant erscheinen. Erreichbarkeit und Freundlichkeit in Tür-und-Angel-Gesprächen sind Teil eurer Öffentlichkeitsarbeit.

  • Fälscht keine Bewertungen, aber teilt selbst positive Botschaften

    Authentizität ist im Marketing sozialer Einrichtungen entscheidend. Vermeidet, was künstlich ist. Das kann das Vertrauen untergraben. Teilt lieber positive Bewertungen und Erfolgsgeschichten – das motiviert das Team und stärkt das Gemeinschaftsgefühl.

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